Ich bin Kreativer. Das war ich schon immer. Und ich bin kreativer. Kreativer als der Durchschnittsmensch. Das habe ich im Laufe der Jahre gelernt. Ich glaube trotzdem, dass es in jedem Menschen angelegt ist, kreativ zu sein und dass Kreativität nicht nur für die klassischen künstlerisch-gestalterischen Tätigkeiten wichtig ist, sondern die Berufswelten und die Alltage quasi aller Menschen bereichern kann. Kreativität wird in Schulen leider nur wenig gelehrt und auch ich habe das meiste „auf der Straße“ gelernt. Dafür waren die Erfahrungen aber auch sehr intensiv und haben mich zu dem gemacht, der ich heute bin, und mit dem ich ziemlich einverstanden bin. Trotzdem lerne auch ich immer dazu, denn die Welt dreht sich weiter und kein Tag gleicht dem anderen. 
1) Manche Wissenschaftler verorten in der linken Hirnhälfte unser logisches Denken und alles, was mit Sprache und Zahlen zu tun hat. Die rechte Hirnhälfte ist demnach das Zentrum unserer Kreativität, der Phantasie, des räumlichen Denkens. Wer hauptsächlich „links“ orientiert ist, ist das, was man einen „Kopfmenschen“ nennt. Der braucht immer Fakten und Beweise und Stiftung Warentest in allen Lebensbereichen. Die im Hirnhemisphärenvokabular hauptsächlich „rechts“ veranlagten Menschen schweben in anderen Sphären, treffen ihre Entscheidungen aus dem Bauch heraus und verpassen häufiger mal die Bahn. Ideal scheint zu sein, wenn beide Hirnhälften zusammenarbeiten und jede ihre jeweiligen Stärken ins Spiel bringt, wobei es dabei durchaus auch mal zu Auseinandersetzungen kommen kann (die linke Hirnhälfte wirft dann z.B. der rechten Seite vor, dass das Aquarell von einem Rotkehlchen, das man gerade malt, Zeitverschwendung sei und man lieber mal den Keller aufräumen oder den Fahrradreifen flicken solle). Ich glaube, ich habe einen Hang zur „Rechtshirnigkeit“, kriege aber trotzdem mein Leben ganz gut geregelt.
2) „Was, schon (PIEP) Jahre bist du alt? Das kann doch gar nicht sein!“ Sagt meine Friseurin, und die kennt sich nun wirklich mit Äußerlichkeiten aus. Ich habe volles Haar in seiner Originalfarbe und eine relativ glatte Haut. Liegt das an einer gewissen Sorglosigkeit, mit der ich durchs Leben schwebe? Mal so, mal so, würde ich sagen. Ich lasse mir von vielen Dingen nicht mein kostbares Leben verderben, bei denen meinen Mitmenschen auf einen Schlag die Haare erst ergrauen, dann sämtlich ausfallen würden. Aber es bleibt doch noch eine Menge übrig, was mir zumindest Bauchschmerzen bereitet. Ich denke, wir haben noch ein bisschen was zu tun, bis wir diese Welt guten Gewissens unseren Kindern und Enkeln übergeben können. Ich trage meinen Teil bei, und wenn man aktiv wird, dann muss man sich nicht ärgern, und das ist das beste Mittel gegen Sorgenfalten und graue Haare (ja, klar, die Gene spielen auch eine Rolle).
3) Keine Ahnung, woran das liegt, aber ich bin in meinem Leben ohne es zu wollen immer wieder Trendsetter gewesen. Vor 18 Jahren wollte ich unbedingt einen Schrebergarten mitten in Köln haben. Die älteren Gartenfreunde links und rechts haben uns junge Hüpfer mit unseren ernstgemeinten Gemüsebeeten nicht für voll genommen, unsere Freunde uns für übergeschnappt erklärt. Ein paar Jahre später wollte sprichwörtlich jeder einen Schrebergarten. So ähnlich war es mit meiner Leidenschaft fürs Camping und fürs Kochen. Aber auch musikalische Trends oder Mode: frag Jörg und du erfährst, was in zwei Jahren angesagt sein wird. Das Ganze funktioniert jedoch rein intuitiv, mir gefallen Dinge immer ein bisschen früher, bevor sie in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind.
4) Als empathischer und sensibler Mensch war ich schon immer ein guter Zuhörer. Das ist Fluch und Segen zugleich, vor allem, wenn man sich sein Zeitkontingent gut einteilen muss. Ich finde es aber wirklich spannend, was Menschen zu erzählen haben. In meinem Job kommt mir dieses Talent sehr zugute, denn die Grundlage jeder guten Arbeit ist ein gutes Briefing. Gelegentlich bekommt man das sogar schriftlich, häufiger ist es jedoch so, dass man durch Gespräche herausfindet, was ein Kunde* wirklich braucht. Manchmal ist das sogar etwas anderes, als das, was die Marketingabteilung ins Briefing geschrieben hat.
5) Ich finde, dass meine Mitmenschen (und ich selbst) schon genügend von Botschaften aller Art befeuert und zugemüllt werden. Die meisten davon sind doch eher unerfreulich. Oder jemand will etwas von einem (auch meistens Unerfreuliches). Im Grunde wollen doch die meisten von uns einfach nur durch unseren Instagram-Feed scrollen, uns über Katzen beim Klavierspielen freuen und von niemandem belästigt werden. Aber es gibt ja immer noch sehr gute, sehr schöne und sehr wichtige Dinge, die mitgeteilt werden wollen. Daher gebe ich mir sehr viel Mühe, damit das, was ich kommuniziere, meine Mitmenschen mehr freut anstatt sie zu ärgern.
6) Wenn ich mir sicher bin, dass eine bestimmte Sache genau so getan werden muss, ist das fast eine Garantie für deren späteren Erfolg. Davon können meine Kunden ein Lied singen.
7) Davon kann auch meine Frau ein Lied singen. Aber auch von den Dingen, die gelegentlich schiefgehen (natürlich superselten, und was heißt schon schiefgehen?). Es ist nicht nur schön, so eine tolle Frau an seiner Seite zu haben, sonder auch recht praktisch, wenn da jemand ist, der (bzw. die) einem sofort ohne Umschweife sagt, wenn etwas ausgemachter Blödsinn ist, und man sich bitte noch mal mit klarem Kopf hinsetzen soll, weil man es schließlich doch besser kann.
8) Meine ganze Hand bekommt allerdings keiner, die ist mir viel zu wichtig. Ich kann damit so viel tun: schreiben, zeichnen, Zwiebeln schneiden, die Suppe umrühren, den Löffel zum Mund führen, Gitarre spielen, Holz sägen, meine Frau umarmen, meine Tochter sicher über die Straße führen, die Katze streicheln, eine Flasche Bier halten, eine Blume pflücken, einen Baum pflanzen ... Meine rechte Hand gehört für mich mindestens zu den Top-5-Körperteilen. Natürlich gebe ich die nicht her.
9) Ich bin, trotz meines Geburtsjahrganges tief im letzten Jahrtausends, quasi ein digital Native. Im Grundschulalter habe ich mir nichts mehr gewünscht als einen Taschenrechner, mit ungefähr 10 Jahren kam ein Telespiel und Handheld-Computerspiele dazu. Mit 14 hatte ich meinen ersten Computer und mit 15 meinen zweiten. Mit 20 habe ich als einer der ersten an einem Apple-Computer gearbeitet. Schon damals wurde versprochen, dass in kurzer Zeit Computer sämtliches Papier verdrängen würden. Als die Computer dann endlich den Mainstream erreichten (siehe Punkt 3), wurde das rein digitale Arbeiten mir langsam zu langweilig. Und ich fand heraus, dass ich viel bessere Ideen habe, viel bessere Texte schreibe und viel schönere Zeichnungen mache, wenn ich mit Stift auf Papier arbeite. In den letzten drei Jahren habe ich das noch mal verstärkt und arbeite am allerliebsten mit meinem Caran d’Ache-849-Kugelschreiber. Seit einem Jahr ungefähr habe ich mir neue Buntstifte zugelegt und ich muss feststellen, dass diese Materialien noch mal mehr zu meiner Kreativität beigetragen haben. Natürlich kommt im nächsten Schritt dann auch wieder der Computer dazu. Das ist wie mit den Hirnhälften: am besten ist, wenn beide Welten zusammenarbeiten.
10) Vor ein paar Jahren habe ich festgestellt, dass ich hochsensibel bin. Das stimmt gar nicht, ich habe es schon vor ca. 50 Jahren festgestellt, nur damals kannte ich den Namen für dieses neurologische Phänomen noch nicht. Aber jetzt kenne ich ihn. Ich betrachte diese Sensibilität bei allen Herausforderungen, vor die sie mich stellt, als eine Gabe, für die ich sehr dankbar bin.
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